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Liebesbegehren – Veronika Schmidt

November 7, 2020

SEXUALERZIEHUNG IST GAR NICHT SCHWER!

by Veronika Schmidt in Aufklärung, Christliche Lebenswelt, Sex & Kinder, Selbstverantwortung, Sexualethik, 2020


foto: robert collins

foto: robert collins

foto: robert collins

foto: robert collins

Immer wieder werde ich gefragt, wie denn Kinder und Jugendliche sinnvoll ans Thema Sexualität herangeführt werden können. Viele Eltern fühlen sich unsicher, weil sie selbst keine hilfreiche Sexualerziehung erfahren haben. Oder weil sie von den vielen moralischen (christlichen) Guidelines eingeschüchtert sind. Eltern wollen es gut machen und nichts verpassen in der Sexualität. Doch es geht nicht einfach um den richtigen Zeitpunkt, die richtige Methode, die richtigen Bücher und Filme. Sexualerziehung gelingt vor allem dann, wenn unsere grundsätzliche erzieherischen Haltung für eine gesunde Entwicklung der Kinder förderlich ist. Deshalb sollten wir uns damit auseinandersetzen: Mit einer positiven Erziehungshaltung, die sowohl Vertrauen in die eigene Mutter- und Vaterschaft besitzt, als auch Vertrauen in die positiven Kräfte des eigenen Kindes, die es zu fördern gilt.


Sexualerziehung ist nicht schwer mit einer positiven vertrauensvollen Erziehungshaltung. Aber vielleicht ist es tatsächlich schwer, eine solche förderliche Haltung zu erlangen. Die christliche Erziehung ist nach wie vor nicht frei von Moral und Gesetzlichkeit, wie eben leider häufig auch nicht unsere Vorstellung von Glaube an sich. Vielleicht ist ein moralisierender Reflex tief in unserem Menschsein verankert. Denn schon Paulus mahnte an:

Denn wenn ihr zehntausend Zuchtmeister in Christus hättet, so doch nicht viele Väter (und Mütter). 1.Kor 4.15

Nach Paulus gibt es viele Zuchtmeister, doch wenig gelebte bedingungslose Liebe, denn das bedeutet Mutter- und Vaterschaft. Und darauf kann sich eine sinnvolle Erziehung aufbauen. Jesus verkörpert den neutestamentlichen Beziehungsgott der Mitverantwortung und Wertschätzung, und Paulus lehrt in uns. Das moralische Ideal von uns Christen sollte sich deshalb am “lebendigen Wort Gottes” (Jesus) orientieren, an gelebter Nachfolge von ihm, auch in der Erziehung. Matthäus lässt Jesus sagen:

Entweder macht den Baum gut, dann ist seine Frucht gut, oder macht den Baum faul, dann ist seine Frucht faul. Mth 19.14

“Kinder kommen weder gut noch schlecht auf die Welt. Wie sie werden, hängt vor allem von der Geborgenheit und Zuwendung ab, die sie erhalten, und von den Vorbildern, die sie im Verlaufe der Kindheit erleben.” Das sagt der Erziehungsexperte Prof. emer. Dr. Remo Largo. Weiter äusserte er sich im Interview in einer Studie zu christlicher Erziehung (Punkt 9): “Eine kindorientierte Erziehung basiert auf einer guten Beziehungsqualität, die hohe Ansprüche an die erzieherische Kompetenz und das zeitliche Engagement von Eltern und anderen Bezugspersonen stellt. (…) Das Neue Testament, das ja für unseren Glauben wegleitend sein sollte, handelt von der Liebe und der Sorge um die Schwachen und dazu gehören auch die Kinder. (…) Ich empfehle den Eltern dringend, sich an Jesus und seine Botschaft zu halten.” Und weiter führt er aus zu gesetzlichen Vorstellungen: “Diese Vorstellungen beherrschen ja nicht nur das erzieherische Verhalten der Eltern, sondern auch ihr eigenes Verhalten und ihre eigenen Wertvorstellungen. (…) Genauso wie sich sich dem Diktat einer Gottesvorstellung unterziehen, so wollen sie auch über ihre Kinder bestimmen. Je rigider und machtorientierter diese Vorstellungen sind, desto autoritärer fällt die Erziehung aus.”

Ich bin ursprünglich Sozialpädagogin und war über Jahrzehnte in leitender Funktion im stationären Kinder- und Jugendbereich tätig. Ich habe dazu hunderte von Elternpaaren beraten. Im Laufe dieser Zeit habe ich in einem kleinen sexualpädagogischen Konzept eine förderliche erzieherische Grundhaltung skizziert:


KLEINES SEXUALPÄDAGOGISCHES KONZEPT

VON VERONIKA SCHMIDT

Allgemeine pädagogische Prinzipien gelten genauso für die Sexualpädagogik. So, wie es keine christliche Pädagogik gibt (oder christliche Medizin etc.), sondern nur Christen, welche nach erwiesenen hilfreichen pädagogischen Erkenntnissen handeln, gibt es auch keine christliche Sexualpädagogik, sondern nur Sexualpädagogik im christlichen Kontext. Diese Pädagogik sollte auf sinnvollen, erforschten und validierten pädagogischen Prinzipien beruhen:

PÄDAGOGISCHE PRINZIPIEN

  • KOMPETENTE KINDER BRAUCHEN KOMPETENTE ELTERN

  • MEIN VERHALTEN SPRICHT LAUTER, ALS WAS ICH SAGE

  • KINDERFEHLER SIND ERZIEHRFEHLER

  • NICHT GEGEN DEN FEHLER - SONDERN FÜR DAS FEHLENDE

  • FÖRDERN UND FORDERN

  • VOM ÄUSSEREN HALT ZUM INNEREN HALT

  • ERZIEHUNG VERFEHLT IHR ZIEL, WO SIE SICH NUR AN RECHT UND UNRECHT HÄLT

KOMPETENTE KINDER BRAUCHEN KOMPETENTE ELTERN

Erwachsene müssen sich erst selbst kompetent machen und kompetent erleben. Nur wer zu seinem Körper und seiner eigenen Sexualität ein unverkrampftes Verhältnis hat, kann unverkrampft darüber sprechen. Wir sind sexuelle Wesen und der Umgang damit muss gelernt werden. Nur wer Wissen hat, kann Wissen vermitteln. Nicht nur Biologie und Aufklärung sollte vermittelt werden, sondern auch die Beziehung zum Körper und der Umgang mit Gefühlen. Eine gute Beziehung zum Körper fördern beinhaltet alle Formen der Sinnlichkeitserziehung: Spiel, Spass, Natur, Schönheit, Sport, Tanz, Kreativität, Wasser, Erde, Luft usw. Sexualität sollte altersangepasst Gesprächsthema bleiben durch die ganze Kindheits- und Jugendphase hindurch. In der Familie sollte Sexualentwicklung natürlich in die Persönlichkeitsentwicklung eingebunden sein. Die reflektierende Frage an mich lautet, wie kompetent fühle ich mich in Bezug auf meine eigene Sexualität?

MEIN VERHALTEN SPRICHT LAUTER, ALS WAS ICH SAGE

Kinder nehmen vor allem das wahr, was ich (vor) lebe, viel mehr als das, was ich sage. Sie spüren sehr genau, wie authentisch ich bin. Die reflektierende und überprüfende Frage in der Pädagogik sollte immer lauten: Was lernt mein Kind (schaut es ab) durch mein Verhalten? Was vermittle ich den Kindern nornverbal?

KINDERFEHLER SIND ERZIEHERFEHLER

Einige Erzieher-Fehler sind: etwas unterlassen - nicht hinschauen - nicht nachfragen - keine Anleitung geben - überfordern. Rigidität (Sturheit und Strenge der Eltern) kann Trotz hervorbringen. Zu viel Umsorgen und Verschonen hingegen bringt Verantwortungslosigkeit. Dem Kind wenig zutrauen wiederum bringt ängstliche oder verwöhnte Kinder hervor. Die reflektierende Frage an uns bei Erziehungsschwierigkeiten lautet, was habe ich unterlassen oder provoziert?

NICHT GEGEN DEN FEHLER - SONDERN FÜR DAS FEHLENDE

Erst das Fehlende provoziert den Fehler. Wir sollten nicht in erster Linie Anstoss nehmen am Versagen, Fehlverhalten des Kindes – sondern uns selbst sagen (lassen), dass wir etwas übersehen, unterlassen haben, in dessen Folge das Kind in seiner Entwicklung der betreffenden Situation nicht standhalten kann. Haben wir übersehen, dass unserem Kind genügend Annahme, Geborgenheit, Zeit, Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Liebe und Zutrauen von unserer Seite fehlt? Das Vorgehen gegen Fehler birgt immer die Gefahr der Überreaktion. Aber auch unsere Nicht-Reaktionen sind ein Problem, wenn es klare Ansagen braucht bei Grenzverletzungen etc. Die prüfende und reflektierende Frage lautet, was fehlt dem Kind?

FÖRDERN UND FORDERN

Das Gute kann nicht einfach erzwungen werden. Keine Massnahmen nützen etwas, die nicht vom Boden eines Vertrauensverhältnisses heraus geschehen. Liebe heisst grundsätzlich – Reichsein im Dazugehören und Teilhaben. Zugehörig und teilhabend erlebt sich ein Kind, das mit einbezogen und um seine Meinung gefragt wird. Verantwortung wächst – kann nicht eingefordert werden. Vertrauen wird geschenkt – und kann nicht eingefordert werden. Die sexuelle Neugier vom Kind muss genutzt werden, ohne aufdringlich zu sein. Trotzdem sollte ich Gespräche auch selbst in Gang bringen können, denn nicht alle Kinder fragen nach. Reflektierende Frage an mich: Kann ich diese Person sein, die das Gespräch fördert mit dem Kind über Themen wie Glaube, Zusammenleben, Gesellschaft, Zeitgeschehen, Politik, Sexualität? Sind das alles für mich „ganz normale“ Themen?

VOM ÄUSSEREN ZUM INNEREN HALT

Je mehr Kinder und Jugendliche über Sexualität wissen, desto länger warten sie mit dem ersten Mal, dem ersten Geschlechtsverkehr. Leitplanken entstehen durch Gespräche, nicht durch Regeln. Dadurch erworbene Haltungen werden von den äusseren (Eltern, Gesellschaft) im besten Fall zu inneren eigenen Werten und innerem Halt (eigenständig, selbstverantwortlich), aber nur, wenn das Kind uns liebt und uns vertraut. Erziehung ist Beziehung. Wenn die Kinder in die Pubertät kommen, sollten wir in erster Linie auf unsere Erziehung vertrauen und in jedem Fall ansprechbar bleiben. Frage ich ab und zu mein Kind: Wie geht es dir? was beschäftigt dich? was regt dich an mir auf?

ERZIEHUNG VERFEHLT IHR ZIEL, WO SIE SICH NUR AN RECHT UND UNRECHT HÄLT

Gut gemeinte Strenge kann in die Verfehlungen hineintreiben. Doch was tut Not? In der geschichtlichen Entwicklung war und ist viel Rigidität, Abspaltung der Biologie von Lust und Emotionen. Sexualität hat mit Beziehung zu sich selbst zu tun. Kinder lernen an sich selbst Zärtlichkeit. Sie lernen an der eigenen Sexualität. Sie sollten neugierig sein dürfen auf ihre eigene Sexualität. Gerade deshalb brauchen Kinder auch Privatsphäre. Kinder müssen im Gegenzug aber auch lernen, die Privatsphäre anderer zu respektieren, was ihnen nicht gelingt, wenn ihre eigene Privatsphäre nicht respektiert wird. Übersexualisierte Kinder und Jugendliche haben keinen gesunden Umgang mit Sex gelernt. Sex im Teenie Alter ist oft eine Frage des mangelnden Selbstwerts. Deshalb gilt es, Kindern folgende Lebensfähigkeiten zu entwickeln helfen: gutes Selbstgefühl – guten Selbstwert – Grenzen setzten können. Wer die Grenzen des Kindes respektiert und selbst Grenzen setzen kann, lehrt sein Kind Grenzen zu setzen, zu achten und zu akzeptieren. Kinder müssen lernen STOPP zu sagen. Wir müssen die Kinder lehren in kurzen Sätzen zu sagen, was sie wollen und was sie nicht wollen. Müssen sie lehren klare Ansagen zu machen! Kinder sollten das auch üben in Rollenspielen.

Veronika Schmidt - Vortrags-Podcast: MIT KINDERN ÜBER SEX REDEN

Ergänzende Blogs:

Vulva und Vagina - Wissen für jede Frau, jeden Mann, jedes Kind

Sexualethisches Konzept

Interaktive Wissensvermittlung für Teenager (und Eltern):

Sex We Can?!

Sex we can.jpg

lilli.ch

Lilli.ch.jpg

B Ü C H E R

Leider gibt es fast keine christliche Aufklärungsliteratur für Kinder und Jugendliche, die fachlichen Kriterien standhält. Ein paar Qualitätsmerkmale sind: Wird die Klitoris als weibliches Lustorgan überhaupt erwähnt und wird Informationen darüber genügend Aufmerksamkeit geschenkt? Wird Selbstbefriedigung als positiv bewertet? Ist der Tonfall des Buches Sexualität gegenüber wertschätzend und nicht problemorientiert? Gute Kinderbilderbücher für Kleinkinder hingegen gibt es viele, sowohl christliche wie säkulare.

Sich als Eltern folgende drei Bücher anzuschaffen, lohnt sich. Denn sie beantworten fast alle Fragen, die Kinder stellen könnten.

Klär mich auf.jpg Klär mich weiter auf.jpg AnyBody.jpg

Das wichtige Buch für kleine Mädchen

Lina die Entdeckerin.jpg Lina die Entdeckerin_2.jpeg


Buchvorschläge für kleine Kinder

9783473332656xxl.jpg
Ganz schön aufgeklärt.jpg Das bin ich- von Kopf bis Fuss.jpg War ich auch in Mamas Bauch.jpg
Mein Körper gehört mir.jpg Buch der Gefühle.jpg Mein erstes Aufklärungsbuch.jpg

Buchvorschläge für Mittelstufenkinder zum Selberlesen

Was Jungs u Mädchen wissen wollen.jpg
Nur für Boys u Girls.jpg

Bücher von ZEP für Groß & Klein (kleine Auswahl)

Sex, Gott und Hosenträger.jpg Willkommen in der Pubertät.jpg Happy Girls.jpg

Teenager-Bücher

Körper und Sexualität.jpg Sex veränder alles.jpg
Schamlos schön.jpg Jungen in der Pubertät.jpg
MFM.jpg vivalavagina.jpg Ebbe und Blut.jpg
 
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October 16, 2020

Sexualität ist ein Menschen-Thema

by Veronika Schmidt in Christliche Lebenswelt, Interview, Sexualität allgemein, 2020


foto: marion nitsch

foto: marion nitsch

foto: marion nitsch

foto: marion nitsch

INTERVIEW IN “FRAUENLAND”
MAGAZIN FÜR DIE SCHWEIZER LANDFRAUEN

Autorin: Cornelia von Däniken
Dieser Artikel erschien erstmals in FRAUENLAND. 01.10.2020

Veronika Schmidt steht zu ihrem christlichen Glauben. Dennoch ist sie manchen konservativen Freikirchlern suspekt. Denn sie setzt sich für eine entspannte Sexualität und für die Gleichberechtigung ein. «Beides hängt zusammen», sagt die Therapeutin im Interview.


Veronika Schmidt, gleich zu einem Klischee: Braucht eine Frau Liebe, um gutem Sex zu erleben?

Veronika Schmidt: Es ist ein Stereotyp, aber nicht ganz falsch. Eine Frau kommt eher über die Emotionen zur Sexualität. Wenn die Sexualität nicht entwickelt ist, dann bleibt sie bei den Emotionen und erklärt, «das reicht mir». Ein Mann kommt eher über den Sex zu den Emotionen. Es ist daher unfair, zu sagen, Männer wollen immer nur das Eine. Es wertet ihre Form von Nähe und Emotionen. Männer kommen über die Sexualität zur Nähe zur Frau.

Sie haben sich auf christliche Sexualität spezialisiert. Warum?

Sexualität ist ein Menschen-Thema, ein Leben lang. Das Problem der Religiosität ist, dass man über Jahrhunderte die Sexualität vom Menschsein abgespalten hat. Was eigentlich nicht geht, da der Mensch ein sexuelles Wesen ist. Darum ist das so wichtig. Wir sind alle sexuelle Wesen. Unabhängig davon, ob wir zölibatär leben, jung oder alt sind. Ohne unsere Sexualorgane gäbe es uns ja gar nicht.

Sex ist auch gesund: Die Sexualorgane steuern viele Hormone. Studien beweisen zudem, dass ein Orgasmus den Grundumsatz von gesunden Hormonen um das Tausendfache erhöht. Dazu gehören Glückshormone, Bindungshormone, Beruhigungshormone und solche, die schmerzlindernd wirken – zum Beispiel bei leichten Spannungskopfschmerzen.

Weshalb tun sich viele Gläubige schwer mit dem Thema?

Es gibt eine Dreiteilung im christlichen Denken: Leib, Seele, Geist. Man hat Geist und Körper getrennt. Der Geist steht über allem. Die Seele ist schon ein bisschen fragwürdig, weil es da diese unkontrollierbare Emotionen gibt. Und die Sexualität ist erst recht nicht kontrollierbar. Diese Teile müssen wir wieder zusammenbringen.

Gehen Frauen und Männer das Thema verschieden an?

Der Mann hat einen einfacheren Zugang zu seiner Sexualität, weil er sein Sexualorgan aussen hat. Das ermöglicht ihm ein sexuelles Lernen, das weniger kontrolliert ist als bei der Frau. Der Bub kommt auf die Welt und hat seinen Penis ein Leben lang in der Hand.

Und bei den Frauen?

Bei der Frau ist alles innen. Mädchen werden viel mehr davon abgehalten, die Hände zwischen die Beine zu stecken. Sie bekommt zu hören: «Wäh, mach das nicht, ist grusig.» Sie bekommt aber auch keine Aufklärung, was genau ihr Sexualorgan ist. Die Aufklärung beschränkt sich auf die Biologie. Doch über weibliche Lust spricht niemand. Auch nicht darüber, dass, wer die Eigen-Lust nicht entdeckt, später Mühe hat in der Paar-Sexualität.

Ist das auch bei jüngeren Menschen noch so?

Ich habe viele junge Paare in der Praxis. Die jungen Männer denken: Wenn ich heirate, darf ich endlich Sex haben. Doch dann erklärt ihnen ihre Frau: Das sagt mir nichts. Will das Paar Kinder, geht es eine Zeit lang irgendwie. Ist die Familienplanung abgeschlossen, läuft wieder nichts mehr. Da fehlt die ganze lustvolle, erotische Aufklärung.

Zu wenig Aufklärung oder zu viele Verbote?

Beides. Es gibt das Gebot «Kein Sex vor der Ehe». In der Ehe überlässt man die Paare aber sich selber. Hauptsache sie haben das Gebot eingehalten. Allerdings habe ich in dem Gemeinde-Umfeld, in dem ich bin, mal eine anonyme Umfrage gemacht. Dabei kam heraus: Es sieht genau gleich aus wie ausserhalb des christlichen Umfeldes. 75 Prozent warten nicht. Aber das darf man nicht sagen. Die Sexualität ist mit schlechtem Gewissen behaftet. Das ist der Lust nicht förderlich.

Was ist das Hauptanliegen der Frauen, die zu Ihnen kommen?

In der Sexualität überhaupt etwas zu spüren. In meinem ersten Buch habe ich die These aufgestellt: Der Schlüssel für eine gesunde Paar-Sexualität ist die Frau. Wenn die Frau Sex nicht geniessen kann, kann die Paar-Sexualität nicht aufblühen. Es ist für die Lust hinderlich, wenn die Frau nur aus Pflichtgefühl hinhält. Dieses Thema bespreche ich in meiner Praxis mit vielen Frauen und Männern.

Wie geht es den Männern damit?

Oft erzählen sie, was ihre Frauen alles nicht machen oder ausprobieren möchten. Die Frauen blocken ab, weil ihnen das zu fordernd ist. Ich rede mit den Männern über Stellungen und Techniken. Bis wir darauf kommen: Eigentlich brauchen sie das alles gar nicht wirklich – wenn sie erleben würden, dass ihre Frau Lust empfindet und zeigt. Das würde dem Mann erlauben, selbst mehr Lust über die eigenen Empfindungen zu erfahren. Also versuchen wir herauszufinden, was ihnen Lust mit ihrem Penis und Körperbewegungen bringt. Und wie sie ihren Frauen zu mehr Lust verhelfen können.

Wie finden Frauen Zugang zu ihrer Lust?

Erst mal über Selbstbefriedigung und Kennenlernen ihres Körpers. Es gibt kaum einen Mann, der nicht im Laufe seines Lebens Solo-Sex macht. Bei den Frauen sind es viel weniger. Ich habe auch gestandene Frauen in der Praxis, die sich noch nie selber angefasst haben. Viele Frauen haben noch immer die Idee, der Mann würde ihnen die Sexualität eröffnen. Ihre Erwartung ist, dass das dann schon irgendwann funktioniert.

Doch das klappt nicht ...

Der Mann weiss auch nicht, wie die weibliche Sexualität tickt. Ist er dann zum Beispiel auch noch pornogeprägt, hat er sich vielleicht eine Sexualität angeeignet, die der Frau nichts bringt. Es braucht viel mehr Wissen auf beiden Seiten. Und es braucht Erfahrungswerte, die man sich in einem ersten Schritt eben am besten alleine aneignet.

Was ist das Problem dabei?

Viele Christen sind nach wie vor unsicher, ob man Selbstbefriedigung machen darf. Die Einstellung, dass das etwas Schlechtes ist, hat sich leider über die Jahrhunderte gehalten. Denn Sexualität, egal ob allein oder zu zweit, hat mit Kontrollverlust zu tun. Daher versuchte man, den Trieb zu bändigen. Ein Orgasmus ist dann der ultimative Kontrollverlust. Das macht Angst und es hat weitreichende Auswirkungen.

Was für Auswirkungen?

Sexualität zu unterdrücken, hat zur Folge, dass sich ungesunde Sexualität zeigt. Dazu kommt seit rund zehn Jahren die Pornografisierung der Welt. Heute sehen Kinder schon zwischen neun und elf ein Porno-Filmchen auf dem Pausenplatz. Jetzt kann ich als Elternteil nicht mit ihnen über Sexualität reden, weil ich selbst nicht darüber sprechen kann. Weil wir als Paar nicht darüber sprechen können. Man fühlt sich dem Thema hilflos ausgeliefert.

Was sollte anders werden?

Wir müssen sprachfähig werden zum Thema Sexualität. Auch unseren Kindern zuliebe. Sonst liefern wir sie der Porno-Industrie aus. Und das ist kein Abbild einer gesunden Sexualität. Wir sollten etwa wissen, dass es einen genitalen Erregungsreflex gibt. Der existiert genauso wie der Schluckreflex, der Atemreflex oder der Saugreflex. Dieser Reflex macht eine sexuelle Entwicklung ab Geburt möglich, auf dem sich ein Lernweg aufbaut, der ein Leben lang anhalten kann.

Wie können Männer und Frauen einen Weg aus dem Dilemma finden?

Man kann Sexualität mit einer Sportart vergleichen oder mit dem Lernen eines Musikinstruments: Wer nicht investiert, macht keine Fortschritte. Frauen haben die Tendenz, die Verantwortung beim Sex abzugeben. Es geht nicht um Stellungen und Techniken. Aber sich einfach nur hinzulegen, ohne sich zu beteiligen, das geht wirklich nicht. Das löscht den Männern total ab und bringt den Frauen keinen befriedigenden Sex.

Was hilft den Frauen beim Lernen?

Beim Solo-Sex herausfinden, was ihnen wirklich gefällt. Den eigenen Körper entdecken. Sich Wissen aneignen. Viele Frauen, auch ältere, können Vulva und Vagina nicht auseinanderhalten, trotz Internet. Der wichtigste Punkt ist, zu begreifen, dass Bewegungen beim Sex helfen. Das können Mikro-Bewegungen sein. Sich in die Berührungen hineingeben. Mitfliessen. Der Beckenboden muss mitmachen und sich ganz lösen, bevor man wieder anspannt. Das bringt Bewegung rein. Das muss man oft erst mit sich selber üben. Mit dem Partner ist es schwieriger.

Gilt das auch für Männer?

Viele Männer sind es gewohnt, sich einfach einen runter zu rubbeln und dabei in Gedanken bei einem Film zu sein. Nur wenige haben einen Bezug zu ihrem Körper oder zum Penis. Da können auch Männer dazulernen, auch sie am besten mit Solo-Sex. Frauen betrachten Selbstbefriedigung bei Männern übrigens oft als Konkurrenz. Männer wären hingegen mega-happy, wenn ihre Frauen mit sich selber üben würden. Sie ahnen, dass ihnen das irgendwann zugute kommt.

Also soll man schon Kinder zur Selbstbefriedigung auffordern?

Nein, wir sollten Kinder nicht aktiv dazu animieren. Das schreckt total ab, was auch mit unserer natürlichen Schutzfunktion zu tun hat: der Schamgrenze. Aber Kinder sollten erfahren, dass es absolut normal ist sich selbst lustvoll berühren – wenn auch nicht in jeder Situation angebracht. Ein Kind verbindet Selbstbefriedigung nicht mit Sexualität, sondern nur mit angenehmen Gefühlen.

Wie ist es bei Jugendlichen?

Wichtig wäre, ihnen zu vermitteln, dass sie Lust erleben dürfen. Ihnen aber gleichzeitig sagen, dass Lust mit sich allein oder mit einem Partner zu erleben zwei total verschiedene Schuhe sind. Ihnen klar machen: Du hast kein Recht auf Sexualität mit einem anderen Menschen. Doch du hast das Recht auf die eigene Sexualität. Nur schon solche Diskussionen wirklich zu führen, würde vielen ungute Situationen zwischen jungen Menschen entgegenwirken.

Was meinen Sie damit?

Man weiss heute, dass viele ganz junge Frauen nicht etwa Sex haben, weil sie daran interessiert sind. Vielmehr, weil sie Nähe und Bestätigung möchten. Sie haben Angst, den Partner zu verlieren. Sie machen mit, obwohl sie noch nicht soweit sind. Ich persönlich finde es zudem nicht gut, wenn Teenager Sex haben, weil es dabei auch stark um Verantwortung geht. Aus meiner Sicht sollte man den jungen Menschen vielmehr aufzeigen, dass es sinnvoll ist, erst mal die eigene Sexualität zu entdecken und zu entwickeln, bevor man sich mit jemandem einlässt. Das hat viel mit Selbstwert und Selbstgefühl zu tun. Es wäre unsere Aufgabe als Erwachsene, den Jugendlichen das zu vermitteln.

Wie würde im Idealfall die Rolle der christlichen Kirche dabei aussehen?

Ein erster Schritt wäre aus meiner Sicht, wenn die Kirche bejahen würde, dass Sexualität nicht nur ein geduldetes Anhängsel ist, sondern ein Lebensmotor. Sie muss das ja nicht gleich von der Kanzel predigen. Aber eine Kirchgemeinde besteht auch aus Kursen und Seminaren, dort sollte so etwas Platz haben. Sexuelle Energie muss nicht zwingend sexuell ausgelebt werden. Doch sie ist ein ganz normaler Bestandteil des Menschseins und einer verbindlichen Partnerschaft, auch ohne Ehe. Und auch ein Single darf ein Sexualleben haben, das ihm gut tut.


Zur Person

Veronika Schmidt wuchs im Kanton Zürich in einer gläubigen, freikirchlichen Familie auf. «Ich bin ein klassisches Stündelerkind. Wir gingen in die Landeskirche, hatten aber zusätzlich Bibelstunden daheim», erzählt sie. Mit 19 zog sie von daheim aus, machte eine Zweitausbildung als Sozialpädagogin in der Stiftung «Gott hilft» und lernte dort auch ihren Mann kennen. Als Jungschar-Leiterin coachte sie junge Menschen und merkte, wie sehr das Thema Sexualität sie beschäftigte. «Mir fiel auf, wie sprachlos Christen dabei sind. Die 68er-Bewegung ist an den frommen Kreisen total vorbeigegangen, bis heute. Sie wird als Feindbild für alle schlechten Strömungen in der Gesellschaft verantwortlich gemacht.»

Veronika Schmidt absolvierte Zusatzausbildungen als systemische Beraterin, klinische Sexologin und Paartherapeutin. Die Mutter von vier erwachsenen Kindern lebt in Schaffhausen, hat dort eine eigene Praxis und hat sich auf christliche Sexualität spezialisiert.

Zudem setzt sie sich für die Gleichstellung in der freikirchlichen Welt ein. Denn die Sexualentwicklung habe viel mit Gleichberechtigung zu tun. «Es ist frappant, wie ab der nachapostolischen Zeit Frauen und Sexualität gemeinsam dämonisiert wurden. Die Frau gilt als Ursprung allen Übels.»

Sie plädiert für einen «revolutionären» neuen Ansatz. «Die bedingungslose Gleichberechtigung wäre revolutionär. Weil wir die in der Gesellschaft auch immer noch nicht haben. Die Kirche könnte da vorausgehen, statt der Gesellschaft 30 Jahre hinterherzuhinken.»

Weitere Informationen: www.veronikaschmidt.ch

Magazin Frauenland
 
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October 12, 2020

VERONIKA SCHMIDT - GANZ PERSÖNLICH - RADIO LIFE CHANNEL TALK

by Veronika Schmidt in Sexualität allgemein, Endlich Gleich!, Buch, Christliche Lebenswelt, Interview, Podcast, Radio Life Channel, 2020


foto: sophia lasson

foto: sophia lasson

foto: sophia lasson

foto: sophia lasson

Veronika Schmidt ist klinische Sexologin, systemische Beraterin, Autorin und Referentin. Auf Radio Life Channel hören und sehen wir sie im Sextipp.

Im Talk erzählt Veronika Schmidt über ihren Weg von der Sozialpädagogin zur Sexologin. Sie erklärt, warum ihre Bücher über Sexualität so gut ankamen und warum es ihr Buch über Gleichstellung von Frau und Mann auf dem Markt schwer hat. Sie gibt Einblicke in ihr Leben und spricht auch über ihr nächstes Buchprojekt.