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Liebesbegehren – Veronika Schmidt

February 15, 2018

WENN NUR DIE SELBSTBEFRIEDIGUNG NICHT WÄRE...

by Veronika Schmidt in Aufreger, Bibel, Buch, Porno, Selbstbefriedigung, Selbsterfahrung, Selbstverantwortung, Sexualität allgemein, Solosex, Sünde, 2018


foto: alex boyd

foto: alex boyd

foto: alex boyd

foto: alex boyd

Selbstbefriedigung ist und bleibt der Dauerbrenner und wird, so glaube ich, einfach nicht verstanden. Deshalb versuche ich wieder einmal, etwas dazu zu erklären. Wenn ich Kritik via „Hörensagen“, direkt oder per Mail zu meiner Tätigkeit oder zu meinen Büchern einstecke, dann praktisch nur zum Thema Selbstbefriedigung. Vor kurzem sah ich ein paar Buchrezensionen zu meinem Buch ALLTAGSLUST. Allgemein waren sie sehr wohlwollend. Ausser eben…


In einer dieser Rezensionen steht: "(…) würde ich mir aber mehr Achtung für das Gewissen des Einzelnen wünschen. So ist die Selbstliebe, eine verschönte Bezeichnung für Selbstbefriedigung, für sie (Veronika Schmidt) eine wichtige Grundlage zum Erlernen der sexuellen Liebesfähigkeit, denn wer nicht weiß, was ihm guttut, wird schwerlich befriedigt werden. Ich denke aber, dass dieses Erlernen auch im Miteinander der Beziehung geschehen kann, und dass „Selbstliebe“ nicht dafür die Voraussetzung sein muss. Ob Selbstbefriedigung in Ordnung ist, ist in christlichen Kreisen umstritten. Es kann nicht richtig sein denjenigen, der dabei ein schlechtes Gewissen hat, zur Selbstbefriedigung zu drängen. Letztendlich sollte jeder selbst entscheiden, ob die Maßstäbe der Bibel für ihn uneingeschränkt gültig sind, oder ob er sie lieber durch moderne, wissenschaftliche „Erkenntnisse“ relativieren will. In der Bibel findet sich gottgewollte Sexualität immer innerhalb einer Beziehung, zwischen Ehemann und Ehefrau."

Und in einer anderen: "(…) Zwei Dinge habe ich aber trotzdem zu bemängeln. Zum einen die Ausführungen zum Thema Selbstbefriedigung, die für mich eher wie eine lange Rede um den heißen Brei wirken, ohne wirklich eine Aussage zu treffen. Dazu kommt, dass ich generell Bibelstellen vermisse. Es handelt sich ja um einen Sexualratgeber für Christen, warum zitiert man dann Jörg Zink, anstatt die Bibel. Das habe ich, auch wenn ich die Zitate sehr treffend und schön finde, nicht ganz begriffen."

Ja, die Bibelstellen. Christen suchen immer nach Bibelstellen. Um zu beweisen, zu rechtfertigen und sich in moralischen Fragen zu orientieren. Christen sind versessen auf Details. Als wäre die Bibel ein Lebenshilfe-Buch. Ist sie natürlich, aber nur im globalen Sinn. Biblische Orientierung ist eine im grossen Bogen. Letztlich dem grossen Bogen der Liebe. Der Liebe Gottes zu uns Menschen und der daraus folgenden Liebe zueinander. Daraus resultiert Gnade und Barmherzigkeit. Das hilft mir persönlich, um mich in Details des Lebensalltags zu orientieren. Es gab ja mal die grosse Bewegung WWJD (what would Jesus do). Gerade in Bezug auf sexuelle Themen lebte Jesus explizit Liebe und Barmherzigkeit und nicht Gesetzlichkeit. Ich habe jede nur erdenkliche Bibelstelle zum Thema Sex in LIEBESLUST oder in ALLTAGSLUST oder in jeweils beiden Büchern verwendet. Mehr* gibt die Bibel dazu beim besten Willen nicht her. Ausser wir projizieren unsere Haltung aus vorgefassten und vorgeprägten Meinungen in sämtliche Bibelstellen zu Unzucht und Ehebruch - mit dem bekannten Resultat der Verdammung.

Diese zwei Rezensionen haben mir die Augen dafür geöffnet, was das Missverständnis im Thema sein könnte, das mir bis anhin vielleicht auch nicht so recht klar war. Unsere Missverständnisse sind ja immer Kommunikationsprobleme. Was der Absendende einer Botschaft rüberbringen will, wird oft vom Empfangenden ganz anders verstanden. Grund sind unserer Prägungen, Brillen, Ohren, Dogmen, Wertvorstellungen, unser jeweiliger Lebens- und Glaubenskontext - ich höre, was ich zu hören glaube.

Der Augenöffner ist für mich die Aussage, ich redete zum Thema Selbstbefriedigung um den heissen Brei herum, ohne wirklich eine Aussage zu treffen. Erst dachte ich: Hallo???... das Buch ALLTAGSLUST ist eine einzige Aussage zu Selbstbefriedigung… wie kann man das übersehen! Und dann realisierte ich, dieser Person fehlten nicht Erklärungen zur Selbstbefriedigung als Sache an sich, sondern die moralische Rechtfertigung und Begründung dazu. Das Missverständnis baut sich auf zwischen MORAL und LEBENSPRAXIS. In diesen zwei konkreten Fällen steht die Lebenspraxis offenbar für suspekte „moderne, wissenschaftliche `Erkenntnisse`“. In der Buchbesprechung eines Onlineportals stand deswegen, ich hätte einen „beliebigen, säkularen" Ratgeber geschrieben. Ich wäre im Buch "fachlich, aber nicht geistlich". Was zwischen den Zeilen auch heissen könnte: "Ist sie überhaupt richtig gläubig – GLINUS**?"

Was gibt es dazu zu sagen, die Moral ist schnell abgehandelt:

Zu Selbstbefriedigung findet sich rein gar nichts in der Bibel, nichts, nada!
Selbstbefriedigung ist nur "gefühlt" unanständig. Aus der Bibel lässt sich für Selbstbefriedigung keine moralische Rechtfertigung aber auch keine moralische Verdammung ableiten. Eine Rechtfertigung lässt sich nur aus der Schöpfung selbst und ihrer Erforschung erkennen. Doch offenbar ist die Schöpfung (und damit der Schöpfer?) "suspekte moderne `Erkenntnis`". Wenn in der einen Rezension als Begründung gegen Selbstbefriedigung steht, dass in der Bibel gottgewollte Sexualität immer innerhalb einer Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau stattfindet, dann wird hier schlicht und einfach dem Thema Selbstbefriedigung Gewalt angetan, die eigene Meinung in die Bibel hineininterpretiert. Dann wird Paarsexualität als einzige Form der Sexualität anerkannt, alles andere ist Sünde. Die Selbstliebe (dieses Wort gilt als „beschönigend“) wird als schöpfungsmässig gegebener Entwicklungsschritt, als Lernfeld oder zur Befriedigung von (sexuellen) Sehnsüchten völlig negiert.

Der Gang um den heissen Brei
Es gibt keinen Gang um den heissen Brei. Meine Aussage ist: Ja, ich bin für Selbstbefriedigung aus verschiedensten Gründen, die man nachlesen kann. Das „Ja“ tropft aus allen Poren meines Blogs und meiner Bücher. Aber ja, Selbstbefriedigung ist freiwillig, kein Zwang. Ich dränge niemanden dazu, auch nicht in der Beratung. Und nochmals, die „biblischen Massstäbe zu Selbstbefriedigung“ gibt es nicht, sehr wohl aber das schlechte Gewissen, weil es uns ab dem 18. Jahrhundert eingetrichtert wurde („Der Untergang der Welt durch Onanie“). Davor war Selbstbefriedigung kein Tabu. Selbst die Kirchenväter waren bezüglich Sexualität nicht zwingend prüde, sofern der Geschlechtsverkehr in der Ehe stattfand. Was man den Kirchenvätern vor allem vorwerfen kann, ist ihre ausgesprochene Frauenfeindlichkeit, die dann sehr wohl sexistisch und schuldzuweisend war. Es würde sich sehr lohnen, ein paar Bücher zur Geschichte der Sexualität zu lesen oder im Internet zu recherchieren.

Die Abwehr kommt aus der eigenen Geschichte
Ekel dem eigenen Körper und allem Sexuellen gegenüber, eigenes Unwissen, moralische Zeigefinger aus Ideologien, Idealisierungen, Glaubenssystemen, Werturteilen und Denkweisen, schlechte Erfahrungen bestimmen unsere Grundhaltung zu Sexualität und wie sie ausgelebt werden kann. Wir sind geneigt, unsere eigenen Erfahrungen auf andere oder in die Bibel hinein zu projizieren.

Ja, Selbstbefriedigung kann zur Sucht werden und damit problematisch
Selbstbefriedigung kann als Ersatzbefriedigung dienen, zum Stressabbau, als Ausweichmittel bei Problemen. Sie kann problematisch werden, vor allem in Zusammenhang mit Pornografie. Alle Genussmittel dieser Welt können uns abhängig machen: Essen, Zucker, Schokolade, Kaffee, Alkohol, Zigaretten, Fernsehen, Computerspiele, Smartphones, Sport, Social Media, Zeitunglesen, Liebesfilme, Liebesromane, Arbeit, Hobbys, Kritiksucht… All das kann uns einsam machen, abhängig, unzufrieden, vom Partner wegbringen.

Lernfeld Selbstbefriedigung

In der Schöpfung angelegt
Wir werden in die Welt geboren – und können – nichts. Was uns mitgegeben wurde, sind ein paar Reflexe: Atemreflex, Saugreflex, Schluckreflex, Klammerreflex usw. Alle unsere Fähigkeiten zum Leben müssen wir uns aneignen, müssen erlernt werden: Sitzen, Laufen, Sprechen, selbständig Essen, Lesen, Schreiben, Rechnen, Kommunizieren, Frust aushalten usw. Gott hat uns Menschen auf eine Weise geschaffen, die uns herausfordert und geradezu zwingt, alles, wirklich alles, aneignen zu müssen in einem Lernprozess. Auch die Sexualität. Sexuelle Lust, sexuelles Begehren, sexuelle Fantasien, emotionale Intensität, sexuelle Selbstsicherheit, Verführung, Liebesgefühl, Kommunikation, erotische Kompetenz, sexuelle Erregung und Erregungssteigerung – alles angelernt. Angelernt sind auch alle Abwehrreaktionen zu Sexualität, geprägt durch Botschaften, die wir erhalten oder nicht erhalten haben, durch unbewusst aufgenommene Reaktionen unserer Umgebung.

Gegeben sind uns allein der Erregungsreflex und das biologische Geschlecht 
Bei Knaben sehen wir den Erregungsreflex bzw. Erektionen unmittelbar, schon beim Säugling. Er greift zudem häufig zum Penis. Der Knabe, bzw. der Mann kommt zur Welt und hält seinen Penis in der Hand, um ihn nicht mehr loszulassen bis zu seinem Tod. Aus genau diesem Grund ist für den Mann der Zugang zu seiner Sexualität viel leichter als für die Frau. Für ihn ist sich anfassen und Erregung und Erektion selbstverständlich, was im Kindesalter keinerlei sexuelle Komponente hat, sondern sich einfach gut anfühlt. Entsprechend bilden sich in seinem Hirn Synapsen für Berührung, Wahrnehmung und Erregung seines Geschlechtsorgans. Es gibt praktisch keinen Mann, der sich nicht im Laufe seiner Entwicklung irgendwann selbst befriedigt.

Frauen besitzen selbstverständlich ebenfalls den Erregungsreflex, aber Frauen können ihre eigene Erregung nicht automatisch sehen. Sie können sie höchstens fühlen, doch auch das nehmen viele Frauen gar nicht war. Weshalb viele von ihnen nicht auf die Idee kommen, sich unten anzufassen und zu stimulieren. Oder wenn sie es tun, werden sie ermahnt und davon abgehalten. Frauen erzählen mir häufig, dass sie als Kleinkinder auf dem Boden schaukelten oder sich dagegen pressten, geschaukelt hätten auf einem Stuhl oder Schaukelpferd, sich angefasst hätten, aber dann davon abgebracht wurden. Vielen Frauen fehlen die entsprechenden Erregungserfahrungen durch die Entwicklung hindurch - ausser den „bösen“ Mädchen. Und somit fehlen ganz vielen Frauen die Synapsen im Hirn für Erregung und Erregungssteigerung und Wahrnehmung derselben, vor allem auch für den Innenraum der Vagina. Deshalb können sie nicht durch die Bewegungen des Beckens und des Beckenbodens beim Geschlechtsverkehr und durch die Berührungen des Penis zum Orgasmus kommen, sondern brauchen die äusserliche Stimulation. Was vollkommen in Ordnung ist - doch Frauen wünschen sich eben manchmal auch das andere.

Brachland Information
Oft bekommen Kinder und Jugendliche im Elternhaus keine Informationen zu ihrer sexuellen Entwicklung. In der christlichen Lebenswelt hören sie dafür später die mahnenden Botschaften, aber keine Ermutigung. Inzwischen werden zwar Kinder und Jugendliche aufgeklärt. Das bestätigen erfreulicherweise viele junge Paare in meinen Vorträgen. Doch die Auseinandersetzung mit Selbstbefriedigung, sexueller Identität, sexueller Selbstsicherheit, sexueller Eigenverantwortung und Informationen zu Sexualität an sich sind darin meist nicht enthalten. Im Gegenteil – selbst ganz junge Christen bekommen immer noch das Selbstbefriedigungsverbot zu hören – wenn auch vielleicht nicht mehr von Gemeindeverantwortlichen, sondern von Jugendgruppenleitern oder auch Gleichaltrigen. Der „Ehrenkodex“ mit Selbstoffenbarung und Rechenschaftspflicht hat sich mit dem Problemkreis Pornografie eher sogar wieder verstärkt.

Keine erfüllte Sexualität der Frau ohne Selbstbefriedigung
Ich kenne keine einzige Frau mit einer schon in jüngeren Jahren erfüllt erlebten Sexualität und Orgasmusfähigkeit, die sich nicht entweder in der Jugend selbst befriedigt hat oder sich später auf einen Weg der Selbstentdeckung begab. Und ich kenne keinen einzigen Ehemann, der damit ein Problem hätte, im Gegenteil. Aber ich kenne haufenweise Frauen, die den Sex erst in der zweiten Lebenshälfte geniessen können, weil sie so lange brauchten, ihren Körper zu entdecken - und haufenweise darob frustrierte Ehemänner.

Die grösste Hürde der unerfahrenen Frau ist, dass sie weder weiss, wie sich ein Orgasmus anfühlt, noch wie sie die Erregung dahin steigern kann. Mir wird immer wieder gesagt, das kann man doch mit dem Mann zusammen entdecken. Kann man, selbstverständlich. Wenn wir aber davon ausgehen, dass wir neu erlernte Fähigkeiten Tausend Mal wiederholen müssen, bis sie sitzen, dann rechne, wie oft ein Paar Sex haben sollte, bis dieser vor allem für die Frau erfüllend wird… Die Krux ist nur, dass Frauen gar keinen Sex wollen, solange er ihnen keinen Spass macht, ausser bis zum erfüllten Kinderwunsch. Üben, üben, üben gilt auch für den Sex.

Keine erfüllende ganzheitliche Orgasmus-Wahrnehmung beim Mann, ohne sinnvolle Selbstexploration
Da Jungs nur mahnende Informationen zu Selbstbefriedigung bekommen, erfahren sie oft nicht, dass ihr Rubbelmodus unter hohem Druck der Hand und grosser Anspannung im Körper den kleinstmöglichen Genuss bringt – die kurzfristige Entladung und Erleichterung. Da „es“ aus besagten Gründen schnell über die Bühne gehen muss, wird dieser Modus laufend verstärkt und der Genuss bleibt auf der Strecke. Das bleibt für viele Männer auch in der Paarsexualität so, einfach, weil sie es nicht besser wissen und gelernt haben. Das macht sie nicht gerade zu tollen Liebhabern, und für sie selbst ist noch viel Genusspotenzial zu entdecken, vor allem via Langsamkeit und bewusste Wahrnehmungs- und Atemschulung. Auf diese Weise wird der Sex auch zu nährendem Sex.

Das Suchtproblem
Zur Suchtproblematik steigert sich die Selbstbefriedigung vor allem durch Pornokonsum. Dabei liegt das Problem der Pornografie- und Selbstbefriedigungsspirale genau in diesem mechanischen Modus versteckt: Heimlich, schnelles Rubbeln, viel Druck, Atem anhalten, schnelle Entladung, die oft nicht mal recht wahrgenommen wird, oftmals bei grosser Häufgkeit gar keine richtige Entladung mehr, dann zunehmend auch Erektionsprobleme (unabhängig vom Alter). Auf diese Weise ist im Körper ganz wenig bis keine Wahrnehmung vorhanden, denn Augen und Kopf sind nach aussen gerichtet. Damit die körperliche Aufladung überhaupt noch funktioniert, müssen die optischen Reize zudem immer stärker werden.

Ein gänzlicher Verzicht auf Selbstbefriedigung wird dieses Problem nicht lösen, weil wir das Schädliche nicht durch etwas Hilfreiches ersetzten, sondern nur ein Vakuum schaffen. Dieses Vakuum können wir zwar auch anderweitig sinnvoll füllen, sprich sublimieren. Doch damit haben Männer noch nichts Neues gelernt für ihre sexuelle Entwicklung und Erfüllung und nichts für die Paarsexualität.

Grosses Kino
„Grosses Kino“, sagte mir kürzlich ein junger Ehemann nach einem Vortrag und drückte mir dankend die Hand zum Abschied. Ihr lieben „Moralapostel der Selbstbefriedigung“ da draussen. Ihr wisst gar nicht, wie frustriert Ehemänner und Ehefrauen über ihre erlebte Sexualität sind, und wie sehr sie sich nach lustvollen Erlebnissen miteinander sehnen. Und das wirklich Schöne daran ist – man kann das lernen, wenn es einem erlaubt ist. Für diese Erlaubnis werde ich mich weiterhin mit aller Kraft einsetzen – gegen alle Widerstände.

Herzliche Grüsse - Veronika

 

*  Es gibt in den diversen Lebensgeschichten der Bibel natürlich noch viel mehr sexuelle Szenen, deren Interpretation einige interessante Ansätze zu Tage fördern könnte über Gottes Haltung zu Sex. Doch diese waren nicht geeignet, um Sex als lernbare Fähigkeit zu vermitteln oder das Zusammenleben von Liebespaaren zu illustrieren.

** GLINUS = Insiderbegriff für „gläubig in unserem Sinne".


Zum Thema:

Der grösste Aufreger in der Kirche Teil 1

Der grösste Aufreger in der Kirche Teil 2

BLOG-Beiträge mit dem Stichwort SELBSTBEFRIEDIGUNG

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November 30, 2017

SPIRITUELLER, EMPFINDUNGSVOLLER SLOW SEX

by Veronika Schmidt in Beckenschaukel, Bibel, Ehesex, Erregung, Gott, Küssen, Liebe, Lust, männliche Sexualität, Orgasmus, Selbsterfahrung, Selbstgefühl & Selbstwert, Selbstbefriedigung, Selbstverantwortung, Sexualität allgemein, weibliche Sexualität, Zusammenleben, 2017


foto: sophia langner / buch alltagslust

foto: sophia langner / buch alltagslust

foto: sophia langner / buch alltagslust

foto: sophia langner / buch alltagslust

Sex als Gebet - was für ein Buchtitel! So heisst ein Sexbuch mit dem Untertitel: Leitfaden für Frauen und Männer zu ekstatischer Liebe und Leidenschaft. In diesem Buch von David Deida steht im Vorwort: "Wir gehen zumindest vorübergehend die zeitlose, raumlose und glückselige Vereinigung mit der wundersamen Geliebten ein: Und welch bessere Definition von spiritueller Befreiung soll es denn noch geben?" Oh, ich wünschte mir, solche Sätze wären von gläubigen Menschen aus ihrer Beziehung mit Gott und ihrer Sexualität heraus entstanden. Sind sie aber leider nicht.


Ich habe im BLOG "WENN MAN(N) RUHT IM SEX" versprochen, etwas zu langsamem, wahrnehmendem, ganzheitlichem Sex und ganzkörperlicher Ekstase zu schreiben. Häufig ist die Art Sex zu haben sehr auf Reibung, Druck und direkte Stimulation am Geschlechtsteil ausgerichtet. Diese Möglichkeiten sind zwar meistens effektiv, bezogen auf den Orgasmus, aber nicht unbedingt genussvoll. Je länger, empfindungsvoller und lustvoller der Weg der Erregungssteigerung ist, je mehr ich ganzheitlich, mit Haut und Haar, mit den Lippen, den Händen, dem Penis, der Vagina und Vulva, dem Atem, den Bewegungen spüren kann, umso befriedigender ist das Zusammenspiel mit dem Liebespartner. Umso ekstatischer, ganzkörperlich spürbar und genussvoller ist der Orgasmus und auch die nachfolgende emotionale Intimität; und die körperliche und emotionale Zufriedenheit, sprich Befriedigung. Eine solche Sexualität braucht Zeit und eine gewisse Langsamkeit. Nicht viel mehr Zeit (kann aber - und ist eine Frage der Übung), aber soviel Zeit, dass wir uns aufeinander und auf uns selbst ein- und dabei ganz loslassen können.

Um diese Form der Sexualität zu erlangen, braucht es oft eigene experimentelle Entdeckungen des Körpers, um herauszufinden, wie er in Erregung funktioniert und reagiert. Das gilt für Frauen wie für Männer. Denn nur weil Männer einfacher und schneller zum Orgasmus kommen, bedeutet das noch lange nicht, dass sie viel dabei erleben. In der Selbstentdeckung finden Mann und Frau heraus, wie sie die Erregung wecken, sie steigern und lustvoll variieren können. Wie sie in der Erregung bleiben, fliessen und spielen können und dabei sowohl Lust, als auch sich selbst und den Liebespartner fühlen. Aber Mann und Frau brauchen auch eine Sehnsucht nacheinander, ein Zugeben dieser Sehnsucht - ohne Angst - die sich in Körper, Geist und Seele ausdrücken will. "Jener Strom der Sexualität ist direkt bei Gott eingestöpselt. Und wenn du diesen Strom einmal aufgespürt hast, dann wirst du nie wieder derselbe Mensch sein", steht weiter im Vorwort des Buches.

Ja, Sexualität - die Art und Weise der gelebten Sexualität - beeinflusst meine Person und mein Leben. Befriedigende, tief erlebte Sexualität gibt mir Freude und ein befriedigtes Leben, darin finde ich, wer ich sein kann, wer ich bin. Untenrum frei macht obenrum frei - Obenrum frei macht untenrum frei. David Deida schreibt dazu: "Das Weibliche wächst spirituell, indem es lernt, als Liebe zu leben, anstatt auf sie zu hoffen. Das Männliche wächst spirituell, indem es lernt, als Freiheit zu leben, anstatt darum zu kämpfen. Diese beiden Wege sind zwar unterschiedlich, führen jedoch zur gleichen spirituellen Glückseligkeit."

Der Weg zu sexuellen Tiefen gestaltet sich für Männer und Frauen unterschiedlich. Männer, sagt David Deida, "müssen zuerst lernen, in ihren Körper zu gelangen, dann ihre Partnerin tief zu spüren und schliesslich voll präsent und bewusst zu bleiben, während sie extreme Lust geniessen, um sich danach mit ihrer Liebespartnerin in die Offenheit aufzulösen." Man könnte auch sagen, in die Frau hinein auflösen. Und da sind wir dann beim umfangenden, statt mechanisch penetrierendem Sex, beim "Sex lieben" und nicht beim auf "Sex fixiert sein". Diese Offenheit, sich öffnen und verletzlich zeigen, das fällt Männern schwer, denn sie haben Angst, in dem Moment verletzt und niedergemacht zu werden. Sie haben Angst vor dem Anspruch und Druck, eine Erektion haben und halten zu müssen, die Frau zum Orgasmus zu bringen und auf keinen Fall zu früh zu ejakulieren. Ilan Stephani schreibt in ihrem Buch LIEB UND TEUER: "Männer sind das unglückliche Geschlecht. Die Sexindustrie macht den Mann immer nur unglücklicher, weil sie ihn in dem Selbstbild bestätigt, nur in Scham, in Geheimnissen, heimlichem Aufwand und Lügen "man selbst" sein zu können." Nach Stephani leiden Männer an einem kollektiven, unbewussten Schmerz rund um den Penis. Der langsame Sex lässt sie diese Angst überwinden und ihren Penis zu einer Verbindung hin zur Frau werden - zu einem sensiblen, grosszügigen und kraftvollen Genital, das geben und spüren möchte. Denn das möchten Männer gerne erleben, Sex, in dem sie ihre Frau wirklich erreichen.

Männer haben Sehnsucht nach der sexuell glücklichen Frau. Eine sexuell entspannte, selbstbewusste Frau lässt den grossen Druck von den Männern abfallen. Sexuelle Entspannung wiederum lässt die Frau die Lust tief in ihrem Körper und in ihrem liebenden Herz erleben. Was bedeutet, sie kann sich auf Körper und Lust überhaupt einlassen und ihren Liebespartner, seine Lust und seinen Penis in sich aufnehmen wollen und dabei eigene Lust spüren. Denn oft möchten Frauen die Kontrolle über sich und das Geschehen behalten, sich nicht ausliefern, nicht verzeihen, nicht über den Alltagsstress oder des Partners Ärgerlichkeiten hinwegsehen. Der sexuelle Part der Frau ist ebenso ein aktiver - umfangend und versöhnend, nicht erduldend, hinhaltend und bedienend. Frauen sollen sexuell glücklich werden und ihren wirklich guten Sex entdecken wollen.

Der Körper selbst kann uns diesen Sex lernen, indem wir uns ihm überlassen und mit Beckenboden, langsamen Beckenbewegungen, Beckenschaukel, Loslassen von Oberkörper-Schulter-Kopf, Bauchatmung, stöhnendem Ausatmen uns unseren Empfindungen überlassen und den Körper, den Mund, die Hände, den Atem, den Penis, die "Vulvina" tun lassen, was sie tun wollen. Oder vielleicht wollen sie auch gar nichts tun. Denn auch ein entspannter Beckenboden, eine entspannte Vagina, ein entspannter Penis, ein entspannter Körper kann Lust empfinden, vielleicht sogar noch tiefer und umfassender. Und indem wir nebeneinander, ineinander abwechselnd ruhen und bewegen und berühren, lassen wir der Erregung Raum, spüren ihr nach und lassen sie steigen. Asiatische Liebeskunst beispielsweise sagt den Männern nicht, hart hineingehen und weich zurückkehren, sondern genau das Gegenteil - weich beginnen beim Sex und beenden mit einer Erektion. Diese Liebeskunst sagt uns, weniger zu machen und mehr zu sein - um zu erleben, was da ist, wenn wir weniger machen - um mehr zu erleben. Geschlechtsverkehr auf diese Weise lässt uns gegenseitig inwendig berühren, sowohl im Geist, im Herzen wie auch im Körper. So, wie eine Frau schreibt: "Meine Vagina hat sich fast schon von ganz alleine jene Berührung des Penis geholt, die sie beflügelt!"

In diesem Sinne eine beflügelte Adventszeit!
Seid herzlich gegrüsst bis zum neuen Jahr - Veronika

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November 2, 2017

WENN MAN(N) RUHT IM SEX - FORTSETZUNG "TRIGGER" FRAU

by Veronika Schmidt in Bibel, Ehesex, Gott, Liebe, Lust, männliche Sexualität, Porno, Prostitution, Selbstgefühl & Selbstwert, Selbstverantwortung, weibliche Sexualität, Zusammenleben, Rollenbilder, 2017


foto: sophia langner / buch alltagslust

foto: sophia langner / buch alltagslust

foto: sophia langner / buch alltagslust

foto: sophia langner / buch alltagslust

VERONIKA SCHMIDT

Jeremia 31:22b, auf die Sexualität angewendet, ist eine grössere (männliche) Revolution. Es könnte unsere Weise, Sex zu vollziehen, vollkommen verändern. Denn der Sex ist vom Bett über die darstellende Kunst bis hin zur Pornografie oft ein penetrierender Akt.

„Denn der HERR hat ein Neues geschaffen auf der Erde: Die Frau wird den Mann umgeben.“ Jeremia 31:22b

An intrusiver männlicher Energie ist grundsätzlich nichts auszusetzen, wenn dabei nicht das weibliche Pendant, Sex zu erleben und zu gestalten, vergessen gegangen wäre. Sex ist nicht nur penetrierend. Aber so wird er vorgemacht und ausgelebt, und entsprechend verhalten sich Männer und Frauen im Sex-Akt. Der Mann penetriert, die Frau lässt sich penetrieren, oftmals dazu noch widerwillig. Auf diese Weise Sex zu leben, hat sich auf unser ganzes Sein übertragen. Frauen werden nicht nur im Sex penetriert oder lassen sich penetrieren. Die männerdominierte Welt ist eine penetrierende Welt. Aber nun zeigt uns der Vers in Jeremia 31:22b eine überhaupt andere Seite des Zusammenlebens, und darüber hinaus, des Sex-Habens:

Der Mann wird nicht die Frau penetrieren, sondern er wird von der Frau aufgenommen, umgeben, umfangen werden! Sie wird nicht penetriert vom Mann, sondern sie nimmt ihn auf, umfängt und umgibt ihn. Das ist nicht ein kleiner, sondern ein gigantischer Unterschied. Wenn, wie ausgeführt in TRIGGER FRAU, der «weiblichen» Energie mehr der Vorrang geben wird, verändert das den Sex für beide grundlegend, hin zu einem erlösten, angstfreien, lustvolleren, ganzheitlichen Körpererleben.

Im Grunde genommen sind ganz viele Menschen, vor allem Männer, mit ihrer Sexualität vollkommen unglücklich. Übermässiger Pornokonsum, exzessive Selbstbefriedigung, Prostituiertenbesuche, wahlloses Rumvögeln (falls ihr das nicht wahrhaben wollt - auch gläubige Männer tun, was manche Männer tun) sind einfach ein Ausdruck davon. Das beschreibt die Autorin und zeitweilige Prostituierte Ilan Stephani in ihrem Buch "LIEB UND TEUER - Was ich im Puff über das Leben gelernt habe". Höchst bedenkenswert, aufschlussreich und lesenswert. Sie beschreibt in einer Art Lebensbeichte und Sexualstudie unsere Gesellschaft und die männliche Sexualität. Sie beschreibt uns Männer und Frauen als „alte Kinder“, die sich reich und einsam verzehren nach Berührungen, aber mit dem Talent geboren wären, einander zu lieben, einander zu wollen (aber auch abzulehnen), einander Ekstase zu schenken und Wärme, einander zu überraschen und in all dem Geben und Schenken uns selbst glücklich zu machen.

Penetration allein, viel Penetration, schnelle Penetration, exzentrische Penetration, nichts davon macht den Mann glücklich (die Frau auch nicht). Ilan Stephani spricht aus der Erfahrung, wie sie die Männer in der Prostitution erlebt hat. Sie sagt: „Wir erlösen die Prostitution (und alle anderen Formen von unglücklich und abhängig machendem Sex) –  von ihrem Fluch, existieren zu müssen, in dem gemeinsamen Wiederfinden eines erotischen Lebensgefühls.(…) Das Ende der Prostitution ist definiert durch echte, globale Heilung zwischen den Geschlechtern. Das Ende der Prostitution ist definiert als der Moment, in dem wir sexuell mündig werden. Aufgeklärt im besten Sinne. Der Moment, in dem wir unsere menschliche Welt wieder erotisch erwärmen.“

Was für eine schöne Vorstellung, wenn Frauen, als „umfangende“ Frauen, die menschliche Welt erotisch erwärmen könnten. Wenn Mann sich von der Frau und ihrer Vagina umfangen lassen, in der Vagina der Frau ruhen könnte. Wenn Frau den Mann aufnehmen, umfangen und in sich ruhen lassen wollte. Wenn sie zusammen fähig würden, gemeinsam auf erotische Lebens-, Liebes- und Ekstasegefühle zu warten. Das nennt man unter anderem Slow-Sex. Langsamer Sex, wahrnehmender Sex, ganzheitlicher Sex, ganzkörperliche Ekstase. (Davon ein ander Mal – oder selbst schlau machen.)

Laut Stephani (und da stimme ich ihr zu) hat Prostitution nicht nur mit den Männern zu tun, sondern auch mit den Frauen. Sie schreibt: „Wenn wir Prostitution tatsächlich abschaffen wollen, dann müssen auch Frauen (auch in der Rolle als Mutter und Vorbild) sexuell glücklich werden. Daran führt kein Weg vorbei. Männer treibt nicht in den Puff, dass sie ihre eigenen Frauen satt haben. Sondern dass sie ihre eigenen Frauen sexuell nicht wirklich erreichen. Das wirkliche Geheimnis, das Huren hüten, ist, wie glücklich und friedlich Männer in der Nähe einer Vagina werden. Wie lieb und teuer ihnen unsere Körper sind. Und das verdient tatsächlich den Begriff eines Geheimnisses, weil sich alle anderen Frauen irrsinnige Gedanken machen darum, wie ihre Vulva aussieht und ihre Cellulite und ihre Brüste, und weil all das sexuell so viel unwichtiger ist, als sich Frauen überhaupt vorstellen können!

Sexuelle Begeisterung, sexuelle Intelligenz, erotisches Talent als unser angeborenes körperliches Genie zu erkennen, das meine ich damit, dass Frauen ihren wirklich guten Sex entdecken. (…)Frauen müssen sich aus dem Fluch einer Kultur befreien, die ihnen einreden konnte, ein sexuelles Problem zu haben – und eigentlich auch ein sexuelles Problem zu sein. Frauen müssen aufhören, Männer sexuell zu bedienen, wenn sie ihre eigene sexuelle Kraft finden wollen. (…) Frauen werden den Männern nicht beibringen können, wie man sie achtet, wenn sie nicht lernen, sich selbst mehr zu achten. Ja, viele Männer behandeln Frauen schlecht, beim Sex und sonst wo, aber Frauen werden das nicht verändern können, solange sie sich selbst schlecht behandeln.“

Liebe Frauen und Männer – ich liebe die Vorstellung, dass mit dem NEUEN, DEN MANN VON DER FRAU UMGEBENDEN, Gott sogar explizit auch den Sex gemeint hat! Lassen wir Frauen unseren Sex heilen, damit dadurch der Sex der Männer geheilt werden kann, damit wir gemeinsam im Sex und auch sonst heil werden können.

 Seid herzlich gegrüsst mit weiblicher Energie - Veronika

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October 26, 2017

"TRIGGER" FRAU

by Veronika Schmidt in Aufreger, Bibel, Gleichberechtigung, Gott, Zusammenleben, Selbstverantwortung, Rollenbilder, 2017


illustration: fiona-k 2017 "denk-mahl"

illustration: fiona-k 2017 "denk-mahl"

illustration: fiona-k 2017 "denk-mahl"

illustration: fiona-k 2017 "denk-mahl"

VERONIKA SCHMIDT

Es war drei Wochen vor Publik werden der Causa Weinstein. In einer kleineren geistlichen Gesprächsrunde von Frauen und Männern waren wir irgendwie beim Thema Frau gelandet. Nicht bei ihren Rechten oder so, sondern, dass es eben für das Lebensgefühl oder die Lebens-Selbstverständlichkeit einen grundsätzlichen Unterschied macht, ob man eine Frau ist oder ein Mann. Diesen Gedanken auf jeden Fall wollte ich zur laufenden Diskussion beitragen. Gewählt habe ich aber die Worte: „Ich glaube nicht, dass Männer wirklich verstehen (ich meinte „nachvollziehen“) können, wie es ist, als Frau zu leben.“


Einen kurzen Moment war es still. Dann bemerkte ich, wie einem Mann der Unmut merklich ins Gesicht stieg, und er platzte heraus, dass sei doch die alte Leier, der uralte und immer wieder vorgebrachte Vorwurf der Frauen, dass die Männer sie nicht verstehen würden. Abgesehen davon würden auch die Frauen die Männer nicht verstehen. Offenbar trafen bei ihm meine Worte „Mann – Frau – nicht verstehen“ einen empfindlichen Nerv. Und ja, wenn es um die westliche Paarbeziehung geht, dann kommen Männer fast genauso oft unter die Räder, wie Frauen.

Eigentlich wollte ich DAS aber gar nicht sagen. Ich wollte etwas über die Gesellschaft ausdrücken, nicht über die Paarbeziehung. Ich wollte ausdrücken, dass ein Mann wohl gar nicht nachempfinden kann, was es heisst, auf dieser Welt Frau zu sein und nicht Mann. Dass er diese latente Bedrohung, latente Übergriffigkeit, latente Infragestellung, latente Nicht-Daseinsberechtigung, latente Ausbeutung der Frau in praktisch allen Gesellschaftsstrukturen seit Menschengedenken schlicht und einfach aus eigener Erfahrung nicht kennt.

Wenige Tage zuvor hatte ich meinen wirklich einfühlsamen Mann gefragt, ob er sich über diese Tatsache schon einmal Gedanken gemacht habe – hatte er nicht. Die Männerwelt, sowohl die weltliche wie die geistliche, lebt in einer unhinterfragten Selbstverständlichkeit ihr Dasein und ihren Einfluss. Sie macht sich vielleicht Gedanken darüber, ob sie Dasein und Einfluss grosszügigerweise teilen soll, aber sie stellt nicht in Frage, ob diese ihr überhaupt zustehen. Männer müssen und mussten nie um Dasein und Einfluss kämpfen und dafür rechten. Oft wird heute, auch von jenem Mann, die Verweiblichung der Gesellschaft beklagt. Der Vorwurf richtet sich dabei gegen die Schule, die Fremdbetreuung, die alleinerziehenden Mütter respektive die ausgeschlossenen Väter, die innerfamiliären Hosen-an-Frauen.

Doch das ist nicht die Ebene, auf der das Spiel des Lebens wirklich spielt.

Viele Männer WOLLEN gar nicht auf der "Frauenebene" Einfluss nehmen. Man beschwört einen Einflussverlust des Mannes, von dem in den gesellschaftlichen Positionen und Machtstrukturen überhaupt nichts zu sehen ist. Klar, auch Männer werden ausgebeutet, missbraucht, umgebracht und sind ohne Rechte. Doch diese Gewalt gegen Männer geht mehrheitlich genauso von Männern aus und nur in wenigen Fällen, oder vor allem im Privatbereich, von Frauen.

Nachdem ich einige Erklärungen nachgeschoben hatte, entwickelte sich ein langes interessantes Gespräch, an dessen Ende der aufgebrachte Mann sich bedankte, dass ich, beziehungsweise die Diskussion, ihm eine völlig neue Sichtweise auf das Frausein eröffnet habe. Wir sprachen darüber, dass, egal um welche Krise der Menschheit es sich handelt, es ein gewaltiger Nachteil ist, eine Frau zu sein. Erschreckende Nachrichten über verschleppte Flüchtlingsfrauen und Flüchtlingskinder sind dafür nur eine kleine Illustration. Selbst Jesus tönt diese Tatsache an, wenn er in Matthäus 24:19 zu seiner Wiederkunft und zum Ende dieses Zeitalters sagt: „Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen!“

Daraufhin machte uns ein Freund auf eine weitere Bibelstelle aufmerksam. Diese Stelle lenkte unser Gespräch in eine ganz neue Richtung. Noch nie zuvor hatte ich sie bewusst gelesen:

„Wie lange willst du dich hin und her wenden, du abtrünnige Tochter? Denn der HERR HAT EIN NEUES GESCHAFFEN AUF DER ERDE: DIE FRAU WIRD DEN MANN UMGEBEN.“ Jeremia 31:22

Was für ein revolutionäres Wort hat hier Gott in seinem Wort verborgen, einfach so hingesagt. Ich möchte Euch die Ausführungen meines Freundes Peter Höhn zu diesem Bibelwort nicht vorenthalten:

Was bedeutet es, wenn Gott uns mit diesem Vers die Perspektive gibt, dass er auf Erden etwas NEUES schaffen wird? Es heisst, dass er nicht mehr der männlichen, sondern der «weiblichen» Energie den Vorrang geben wird, weil sie lebensfördernder ist. Davon werden schlussendlich alle ‒ Frauen und Männer ‒ profitieren. Und «wer es hört» kann es jetzt schon üben und dafür beten und ‒ ob Frau oder Mann ‒ in angstfreier Weise der weiblichen Energie und daraus dem erlösten Miteinander den Weg bereiten.
Ich habe mir bereits 1999 beim Lesen des Buchs von Paul Tournier „Rückkehr zum Weiblichen" (Herderbücherei) notiert, wie schwer sich die Männer tun, echt auf Frauen zu hören, weil sie sich oft in Bezug auf konkrete Lebenstüchtigkeit den Frauen unterlegen fühlen (und es auch sind), aber dies einfach nicht zugeben können und wollen. Stattdessen flüchten sie in die Welt der Dinge, des Abstrakten, ins Logische, in Lösungen. ‒ Warum hören Männer so wenig auf Frauen? – Weil die beziehungsmässigen Probleme, welche die Frauen erkennen, beängstigender und schwieriger zu lösen sind für Männer als die sachlichen Probleme. Und weil die beziehungsmässigen Aspekte oft alles «verlangsamen» (aber eigentlich mit Leben für alle füllen würden). Deshalb reagieren Männer entweder mit Dominieren und Gasgeben oder mit Schweigen und «Abtauchen».
Jesus hat hier eine ganz andere Haltung vorgelebt: Er hat auf Frauen gehört und ist auf ihre Initiative eingegangen und hat sie verteidigt.

Das Buch von Paul Tournier trägt den Untertitel: Werden Frauen unsere Welt wieder menschlicher machen? Das ist eine Frage, keine Feststellung. Das bedeutet, es ist auch eine Anfrage an uns Frauen. Werden wir unsere Welt wieder menschlicher machen? Wie können wir unsere Welt wieder menschlicher machen? Nur, indem wir beginnen, uns ebenfalls in aller Selbstverständlichkeit auf unsere Weise auf dieser Erde zu bewegen und einzubringen, uns nicht mehr einschüchtern lassen, gegen Unrecht aufbegehren, unsere Stimme erheben und auf unserem Dasein und unserem Einfluss bestehen. Aber nicht in einer das Männliche auschliessender, sondern in integrierender Weise. Manche Männer benötigen unser Aufbegehren, unsere Zurechtweisung, unsere Stopp-Tafeln, weil sie sich tatsächlich daneben benehmen und Macht gierig anhäufen. Aber Männer brauchen vor allem unsere Wertschätzung und unseren Respekt. Und die Ermutigung, sich eine gesunde Männlichkeit anzueignen, deren Stärke sich nicht aus der Erniedrigung speist. 

* Bild: 12 Jünger, zusammen mit ihren Ehefrauen, halten ein gemeinsames Mahl und feiern das Leben. Hast Du gewusst, dass alle Jünger verheiratet waren? Als typisches Getränk des Alltags wurde im antiken Israel Bier getrunken. Wein gab es nur an Festtagen.

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September 15, 2017

ER WILL SEX - ICH NOCH NICHT

by Veronika Schmidt in Partnerwahl, Selbstverantwortung, Sex vor der Ehe, 2017


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Liebe Veronika

Mein Freund und ich sind seit bald zwei Jahren ein Paar, und für uns beide ist es die erste Beziehung. Bezüglich unserem Wunsch nach Sexualität haben wir sehr unterschiedliche Ansichten: Noch bevor wir ein Paar wurden, habe ich mit ihm über Sexualität gesprochen und ihm gesagt, dass ich keinen Sex vor der Ehe möchte - nicht, weil mir das irgendwer eingeprügelt hat, sondern weil ich mir für körperliche Intimität einen verbindlichen Rahmen wünsche. Mir ist schon klar, dass eine Ehe keine Garantie für befriedigende Sexualität bietet. Aber ich stelle mir doch vor, dass ein Eheversprechen bedeutet, sein Bestes dafür zu geben, und dieses Versprechen wünsche ich mir doch. Mein Freund, der nicht im engeren Sinn freikirchlich-gläubig ist, sieht das zwar anders, respektierte aber bisher meinen Wunsch.

Doch mit der Zeit gelangten wir in erotische Grauzonen, weil ich einerseits durch unsere Beziehung entdeckte, wie schön physische Intimität sein kann, andererseits hatte er doch zunehmend das Bedürfnis nach Sex. Nun hat sich unser Konflikt zugespitzt: Er sehnt sich nach Sex und ich stosse an meine Grenzen. Er vergleicht sein Bedürfnis nach Sex mit meinem Bedürfnis nach Kuscheln. Diese Argumentation kann ich nachvollziehen und finde es auch sehr stark von ihm, dass er seit zwei Jahren verzichtet. Aber Sex zu haben widerspricht meiner Ansicht. Heiraten ist für uns keine Option. Wir sind beide noch im Studium und wollen nicht einfach des Sexes wegen heiraten.

Ich habe Angst davor, dass, wenn wir Sex hätten, wir nie heiraten, denn dann hätte er ja alles, was er wollte, dann wäre heiraten ja total überflüssig. Er widerspricht dem zwar, aber ich weiss nicht, ob das stimmen würde. Du siehst, wir stecken etwas in der Klemme... Ich möchte nicht einfach Sex haben, damit wir zusammenbleiben, aber ich möchte mit ihm zusammenbleiben. Hast Du eine Idee, wie wir hier auf einen gemeinsamen Nenner kommen können?

Herzlich, Lilly, 23 Jahre


Liebe Lilly

Auf einen gemeinsamen Nenner kommt Ihr nur, indem Ihr Euch gemeinsam mit diesem Thema befasst und darüber sprecht. Auch darüber, wie es Euch geht damit. Als Beispiel möchte ich einen Deiner letzten Sätze aufgreifen: „Ich habe Angst davor, dass, wenn wir Sex hätten, wir nie heiraten, denn dann hätte er ja alles, was er wollte, dann wäre heiraten ja total überflüssig.” Findest Du nicht auch, dass das eine etwas unfaire Annahme ist? Das würde ja heissen, es geht Deinem Freund nur um Sex und überhaupt nicht um Eure Beziehung. Viele Frauen denken leider so, und oft wurde ihnen das (von Frauen) im Elternhaus vermittelt. Nämlich, dass Männer nur das Eine wollen. Doch das ist ein sexistisches Männerbild.

Sexualität ist nur ein Teil des Beziehungsaspekts. Ich nehme an, Dein Freund ist aus ganz anderen Gründen mit Dir zusammen, sonst würde er wohl nicht freiwillig auf Sex verzichten. Man kann die Liebe, um die es in einer Paarbeziehung geht und von der sie lebt, in drei „Teil-Lieben“ unterteilen: In eine partnerschaftliche, eine erotische und eine freundschaftliche. Zwar sind sie nicht immer gleich gross und gleich intensiv zu leben und zu erleben. Das wechselt sich immer wieder etwas ab. Und nichts davon geschieht einfach so, ohne Investition. Doch wir wünschen uns, alle diese drei Teile in einer Beziehung auszuleben. 

Ich weiss nicht, ob Du meine Bücher gelesen hast (was ich Dir empfehlen würde). Darin beschreibe ich u.a., dass der Weg des Mannes, Liebe zu zeigen und Liebe zu spüren, über die Sexualität geht. Der Weg der Frauen hingegen geht über die romantischen Gefühle hin zum Sex. Dein Freund gibt diesem seinem Bedürfnis Ausdruck. Er möchte seine Liebe zu Dir über den Sex spüren. Du hingegen bist ganz zufrieden ohne Sex. Ich habe nicht wenige Frauen kennen gelernt, die auch später lieber bei der Romantik bleiben und gar keinen Spass am Sex entwickeln (wollen). Das ist natürlich für die Männer sehr frustrierend. Also achte Dich einmal darauf, wie stark Dein sexuelles Begehren wirklich ist. Ich habe viele Paare in der Beratung erlebt, die dachten, bis zur Ehe mit dem Sex zu warten, sei doch ganz einfach, Sie hätten keine Probleme damit. Doch danach stellten sie in der Ehe fest, dass sie grundsätzlich keine grosse Sehnsucht nach Sex hatten, was ihnen das Sex- und Eheleben ziemlich vermieste.

Ich weiss nicht, was für einen Zeithorizont Du mit Warten auf Eure erotische Beziehung hast, aber es tönt nicht, als wäre das absehbar. Dass das für Deinen Freund schwierig wird, kann ich gut nachvollziehen, vor allem, weil er ja nicht die „fromme Lehrmeinung" dazu intus hat. Damit bringt ihr Euch beide in ein Dilemma, das vielleicht später auch andere Lebensbereiche betreffen könnte. Glaube oder Religion ist nicht einfach ein Accessoire, sondern ein Lebensstil. Im Moment möchtest Du diesen Lebensstil zum Massstab Eurer Beziehung machen. Die Frage ist, kann das gut gehen, so allein von Dir bestimmt. Diesen Kompromiss geht Dein Freund vermutlich ein, weil er Dich auf keinen Fall verlieren will – und gerade eben NICHT, weil er es nur auf den Sex abgesehen hat. Genauso gut, wie er vielleicht nicht heiraten will, wenn er Sex haben kann, könnte er Dich auch verlassen, weil er noch Jahre keinen Sex haben darf.

Wer nur wegen dem Sex heiratet, ja, der sollte das Heiraten tatsächlich lieber bleiben lassen. Denn Sex allein wird keine Ehe stabil machen. Sex hat zudem die Tendenz, nach der ersten Euphorie schnell weniger zu werden, wenn man nicht dran bleibt. Heiraten tut man, weil man einen Menschen gefunden hat, mit dem man das Leben teilen und ihm möglichst oft nahe sein will. Mit dem man ein gutes Team sein will. Man will ihn heiraten, weil er der Mensch ist, der einen selbst zu einem besseren Menschen macht. Und Intimität gehört irgendwann ganz logisch mit dazu und macht ein Paar erst zu einem Paar, im Unterschied zu Freunden.

Ich will, darf und kann Dich nicht zu Sex ermutigen. Ich will, darf und kann Dich auch nicht davon abhalten. Das müsst Ihr beide ganz allein in eigener Verantwortung zusammen klären. Ihr könnt Euch durch die entsprechenden Blogs von mir lesen und diesen Vortrag von Sigfried Zimmer hören. Davon ausgehend wünsche ich Euch gute Gespräche und eine gute Auseinandersetzung mit Eurem Thema.

Herzliche Grüsse - Veronika

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